Mittwoch, 22. August 2018

Der Bio-Bluff bei ALDI & Co.


Der Lebensmitteldiscounter ALDI vergrößert derzeit auffällig sein Bio-Sortiment. Und zwar nicht bei den üblichen, allgemein beliebten (Fertig-) Produkten, sondern gezielt auch bei speziellen Zutaten, die man bisher eher nur im spezialisierten Naturkostfachhandel oder Bio-Märkten wie Alnatura kaufen konnte, beispielsweise Bio Chia-Samen oder Bio Quinoa.

Die Strategie der Discounter: Dem Naturkost-Fachhandel das Wasser abgraben.


Nach eigenen Angaben geht es ALDI darum, dass „der komplette Wocheneinkauf in Bio-Qualität immer möglich (ist) und das zu einem Preis, der für jedermann erschwinglich ist.“ [1] Das ist eine Kampfansage. Und eine perfide Marketingstrategie. Denn der/die durchschnittliche ALDI-Kunde/Kundin hat natürlich keinerlei Interesse an Chia-Samen. Er oder sie kauft dort in der Regel Eier, Milch und Butter in bio, manchmal vielleicht auch die Zucchini, die Würstchen für die Kinder oder die Nackensteaks für den Grill. Alles schön billig, alles bio. Kann man verstehen.

Aber warum Chia-Samen? Die Strategie dahinter ist, den bio-affinen Kundinnen und Kunden (wohl in erster Linie Müttern und Vätern) ein Angebot vorzugaukeln, das den Weg zum Biomarkt erspart und damit Kaufströme umzulenken. „Für alle Bio-Fans wird ALDI SÜD zum Bioladen“, schreibt das Unternehmen in einer Pressemitteilung. [2] Das ist frech, aber erfolgversprechend.

„Schatz, ich war bei ALDI, um Klopapier und Kaffee zu kaufen, und da habe ich dir auch noch die Chia-Samen mitgebracht.“ Das ist der Plan.

Nach eigenen Angaben ist ALDI Marktführer beim Umsatz mit Bio-Produkten und beruft sich dabei auf Daten der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK). Gegenüber dem Magazin „Öko-Test“ mochte ALDI allerdings keine konkreten Zahlen herausrücken [3]. Aber es könnte durchaus stimmen, wenn man einfach nur den gesamten Umsatz mit Bio-Produkten betrachtet. Die pure Masse macht’s.

Aber was ist mit der Vielfalt der angebotenen Bio-Produkte?

Aldi Süd stockt laut Öko-Test seine Artikel mit Bio-Siegel auf 310 auf, Aldi Nord auf 350. Zum Vergleich: Alnatura bietet derzeit nach eigenen Angaben etwa 6.000 Bio-Produkte an, Dennree verkauft rund 12.000. [3] Alleine daran sieht man: Der Versuch von ALDI, sich allen Ernstes als „Bioladen“ zu verkaufen, ist einfach nur ein großer Bluff.

Es ist die Strategie der Ketten und Discounter, den Naturkosthandel überflüssig zu machen. Edeka macht dasselbe. Auf diese Weise besetzen Discounter Nischen, die bisher von einer eigenen Branche bedient wurden, nämlich der Naturkost-Branche.

Was die Supermärkte und Discounter jedoch nicht kopieren können, ist die Beratung im spezialisierten Naturkosthandel. Fragen Sie mal im NETTO, wo die Bio-Gurke herkommt.

Und lassen Sie sich nicht von Schnäppchenpreisen blenden. Denn wenn Sie mal genau auf das Sortiment und die Preise schauen, werden Sie feststellen, dass die kleinen Bioläden keineswegs teurer sind als die Discounter und Supermärkte mit ihren Reklamepreisen.

Im Laden einer Bioland-Gärtnerei aus der Region haben wir über Monate Möhren zu einem unschlagbaren Preis einkaufen können, weil sie aus deren eigener Erzeugung stammten. Kein Discounter, kein Supermarkt kam da preislich mit.

Man muss genau hinsehen.

[1] https://unternehmen.aldi-sued.de/de/presse/pressemitteilungen/produkte/2018/pressemitteilung-aldi-fuellt-die-regale-jetzt-noch-mehr-auswahl-an-bio-produkten/
[2] https://www.aldi-sued.de/de/sortiment/bio/
[3] https://www.oekotest.de/essen-trinken/news/Bio-Lebensmittel-Aldi-Deutschlands-fuehrender-Bio-Haendler_600168_1.html


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