Dienstag, 19. Februar 2019

Und danke für den Fisch.


Wenn Sie einen Bio-Supermarkt wie Denn’s oder Alnatura betreten, dann gehen Sie doch ganz selbstverständlich davon aus, dass die Produkte, die Sie dort erwerben, bio sind, oder? Kontrolliert und zertifiziert. Mindestens mit dem EU-Biosiegel ausgezeichnet. Das Gemüse aus ökologischer Landwirtschaft, das Fleisch aus artgerechter Haltung. Sollte man meinen. Im Wesentlichen ist das natürlich auch der Fall. Wenn man aber genauer hinsieht, finden sich Produkte in den Sortimenten, die keineswegs „bio“ sind. Bei Fisch ist das der Fall.

In den Bio-Märkten finden Sie beispielsweise tiefgekühlten Kabeljau eines Anbieters, der mit Bio und Nachhaltigkeit wirbt, dessen Fisch Sie aber auch in konventionellen Supermärkten wie REWE kaufen können. Da gibt es beispielsweise das Kabeljau-Filet „in Bio-Panade“. Das heißt: Die Panierung ist bio, der Fisch aber nicht. Der Fisch ist MSC [1]-zertifiziert (also aus nachhaltigem Fischfang), aber nicht bio-zertifiziert. Das ist zumindest fragwürdig. Es gibt von diesem Anbieter aber auch unpanierte Kabeljau-Filets, also den Fisch pur. Der ist nun überhaupt nicht mehr „bio“. Was hat der in einem Bio-Markt zu suchen? Nichts.

MSC-zertifizierten Kabeljau gibt es auch in jedem konventionellen Supermarkt und inzwischen sogar bei Discountern. Und zwar für etwa die Hälfte des Kilopreises wie bei diesem Anbieter im Biomarkt. 

Wer also im Bio-Supermarkt Kabeljaufilet für 20 Euro pro Kilo kauft und nicht den ebenfalls MSC-zertifierten Kabeljau bei NETTO für 10 Euro, kauft für zehn Euro Fisch und zahlt 10 Euro nur für das (falsche) Bio-Feeling obendrauf. Es ist derselbe Fisch.

Ganz ähnlich verhält es sich mit Thunfisch aus der Dose, der ebenfalls in Bio-Supermärkten verkauft wird. Nur wer genau hinschaut, stellt fest, dass in dieser Dose nur das Öl bio ist – der Fisch nicht. Das hat einen einfachen Grund: Ein Thunfisch ist ein ziemlich großer Fisch, der weit draußen im Meer schwimmt, und alles frisst, was ihm vor die Kiemen kommt. Auch jede Menge Dreck. Zum Beispiel das Plastik, das wir in die Meere schmeißen. Deshalb ist es unmöglich, die Ernährung von Thunfisch zu kontrollieren. Deshalb gibt es keinen Bio-Thunfisch.

Fisch kann nur das Bio-Siegel erhalten, wenn man seine Ernährung kontrollieren kann. Das funktioniert in der Regel nur in Aqua-Kulturen, also abgegrenzten, küstennahen Bereichen oder speziellen Zuchtbecken. Das geht mit Lachs, aber nicht mit Thunfisch. Darum gibt es zwar Thunfisch aus nachhaltigem Fischfang, aber keinen „Bio-Thunfisch“.

Die Unterscheidung mag man für pingelig halten, aber es ist ein wichtiger Unterschied, wenn mit „bio“ geworben wird oder vermeintliche Bio-Produkte entsprechend teuer verkauft werden. Wenn das dann nicht stimmt, ist es Verbrauchertäuschung.

Und so landet dieser vermeintliche Bio-Thunfisch auch gerne mal auf dem Salat von Bio-Restaurants, weil sie ihn ja im Bio-Markt gekauft haben. Die kleinen Symbole, mit denen zum Teil an der Kühltruhe – immerhin – oder im Kleingedruckten der Thunfisch-Dose darauf hingewiesen wird, sorgen kaum für die erforderliche Transparenz.

Nicht wirklich besser ist allerdings, dass es zertifizierten Bio-Fisch gibt, der völlig überflüssig ist: Pangasius. Diese Zuchtflosse stammt fast immer aus Vietnam, wird zu uns also rund 10.000 Kilometer um den Globus verschifft. Die Klimabilanz ist bescheuert. Und er schmeckt nach nichts. Diesen Bio-Fisch braucht kein Mensch.

Bio-Fisch ist also eine komplizierte Angelegenheit. Mein Vorschlag: Wenn Sie Fisch mögen, kaufen Sie entweder Lachs aus ökologischer Aquakultur oder eben einen MSC-zertifizierten Fisch aus nachhaltigem Fischfang. Am besten geangelt und nicht aus dem Schleppnetz.

Aber lassen Sie sich nicht von angeblichem Bio-Fisch einfangen, der gar kein Bio-Fisch ist. Denn der ist einfach nur eines: zu teuer.


[1] MSC: Marine Stewardship Council.
https://www.msc.org/de/ueber-uns/msc-zertifizierungskriterien