Montag, 4. Dezember 2017

Ich bin für Glyphosat

Ich bin für Glyphosat. Ich bin für die massenhafte und flächendeckende Bestäubung der Felder mit chemikalischen Mitteln, für die hemmungslose Ausbeutung der Natur zum Zwecke preiswerter Lebensmittel, ich bin für das Bienensterben, die Ausrottung der Schmetterlinge und die komplette Vernichtung des Feldhamsters.

Ich bin für Glyphosat. So. Vielleicht regt das wenigstens noch einen auf.

Denn gegen Glyphosat sind ja alle, oder zumindest so viele, dass einige darunter sind, mit denen ich ums Verrecken nicht einer Meinung sein kann. Die Umweltverbände, die Grünen, die Linken, die Roten und sogar die Schwarzen (bis auf einen), die Bio-Bauern sowieso, die Naturheilkundler und Heilpraktiker, die Yoga-Lehrerinnen und Paar-Therapeuten, die Oberstufenlehrer und die Soziologiestudentinnen, die Journalisten und die Blogger, die freie Theatergruppe und der Schülerrat, PETA statt Feta.

Oh, diese Entrüsteten! Und am Samstagvormittag fährt die Anwaltsgattin mit dem Cayenne zum Hofladen und mäkelt am Gemüse herum. Und der pensionierte Oberstudienrat schwenkt noch einmal den kostspieligen Rotwein im Kristallglas vor der ausladenden Bücherwand und findet die Gesamtsituation bedenklich. Ach, böses Glyphosat! Selbst der Filial-Bäcker im Supermarkt bewirbt mit einem riesigen „Kein Glyphosat“-Schild seine Backwaren. Und wir selbst gehören natürlich auch dazu. Wir haben doch alle jahrelang komplett verdrängt, dass wir Glyphosat verdanken, dass unser Gemüse so schön billig ist.

Ich höre sie lachen in den Konzernzentralen der Hersteller der anderen rund 250 zugelassenen Wirkstoffe für das Naturvernichten, deren Mittel teurer und weniger erforscht sind: „Hey, da kriegt Monsanto ja so richtig was auf die Mütze! Wo ist der Sekt?“ Stößchen.

Wenn alle diese Bescheidwisser nicht gegen ein einzelnes Pestizid, sondern gegen die allgemeine chemische Verseuchung der Landwirtschaft und für einen nachhaltigen Wandel unserer Einkaufs- und Essgewohnheiten auf die Straße gehen, wenn sie tatsächlich ihr Gemüse nicht mehr im Discounter sondern im kleinen Bioladen, so es ihn noch gibt, kaufen, wenn sie sich kümmern um das, was in ihrem Essen ist, woher es kommt und wie es zubereitet wird, wenn sie kapieren, wie Lebensmittelpreise zustande kommen und warum Fleisch und Gemüse allerorten so saubillig zu haben ist.

Dann werde ich gegen Glyphosat sein.

Frei nach: Heinz Rudolf Kunze „Ich bin gegen den Frieden“ (Sprechtext 1984).


Montag, 13. November 2017

Überzeugungstäter

Jeder, der will, kann hierzulande einen Laden aufmachen. Restaurant, Cafe, Einzelhandel. Gewerbeschein, ein paar Formalitäten, und los geht’s. Das ist erst mal ziemlich klasse, weil es ja für Vielfalt sorgt und neuen, frischen Ideen keine großen Steine in den Weg legt. Was allerdings in keiner Weise überprüft wird, ist, ob derjenige, der da ein Gewerbe eröffnet, in irgendeiner Weise dafür auch qualifiziert ist.

Niemand muss gelernter Restaurantfachmann sein, um ein Restaurant oder Café zu eröffnen. Niemand muss gelernter Koch sein, um sich in einem Lokal an den Herd zu stellen und Geld für sein Essen zu verlangen. Auch das ist zunächst einmal gar nicht schlecht, weil es eben auch talentierten Quereinsteigern mit guten Ideen eine Chance gibt. Und umgekehrt ist die Tatsache, dass in einem Betrieb gelernte Kräfte am Werk sind, ja auch keineswegs ein Garant für Qualität. Leider.

Das Dumme dabei ist nur, dass es für Gäste darum sehr schwer zu erkennen ist, welche Qualität sie in einem Lokal tatsächlich erwartet. Es gibt kein Gütesiegel (abgesehen von den Gourmet-Auszeichnungen des Michelin und seiner Kollegen, aber das hilft für die Alltagsgastronomie nicht weiter).

Heute sind es dann oft die Online-Bewertungen, die den Ausschlag geben. Aber die sind einigermaßen fragwürdig und helfen auch nicht wirklich weiter. Und in der Selbstdarstellung in den angeblich sozialen Medien wird gelogen, dass sich die Balken biegen.

Wirklich überzeugend sind die, die wissen, was sie tun. Und die von dem, was sie tun, hundertprozentig überzeugt sind. Überzeugungstäter im besten Sinne. Dabei ist völlig egal, ob es um das siebengängige Sternemenü geht oder einfach nur um den besten Cupcake der Stadt oder den tollsten Burger oder was auch immer. Entscheidend ist die Leidenschaft und, ja, die Expertise. Der Gast merkt doch, ob da eine(r) wirklich was kann. Oder nur so tut, nur etwas inszeniert oder kopiert, das andere wirklich können. Das sind nur Plagiate.

Wie soll ich als Gastronom die Leistung meines Kochs beurteilen können, wenn ich selbst nicht kochen kann? Wie soll ich als Betreiber eines Lokals die Leistung meines Servicepersonals beurteilen können, wenn ich nie selber Teller zum Gast getragen habe und auf schwierige Fragen überzeugende Antworten habe finden müssen? Man kann als Inhaber/ Betreiber einer Lokalität alle erforderlichen Leistungen (Küche, Service) sicherlich irgendwo einkaufen. Aber ein stimmiges Angebot, das überzeugt, wird das dann vermutlich nicht. Höchstens für die übliche Massenverpflegung und Ketten-Kulinarik.

Es ist von Vorteil, wenn ein Restaurant vom Koch geführt wird. Natürlich sind gute Köche nicht automatisch auch gute Gastronomen, das ist eine Binse. Aber viele Gastronomen haben einfach keine Ahnung vom Kochen. Das kann nicht gut sein.

Wir brauchen mehr Überzeugungstäter. Und weniger die, die eigentlich nur Facebook können.




Sonntag, 29. Oktober 2017

Einspruch, euer Ehren.

Meine Regionalzeitung hat ein kleines Interview mit Marco Müller (2 Michelin-Sterne, Rutz, Berlin) veröffentlicht. Und hat ihn nach Zukunftsvisionen befragt. Er sagt: „Verschwinden werden Billigrestaurants, in denen einfach nur ein paar Tüten aufgerissen werden und das dann Kochen genannt wird.“

Schön wär’s. Wir erleben doch überall in den Städten den Siegeszug von Ketten, die vielleicht nicht Tüten aufreißen, aber mit Franchise-Konzepten und schlichter Küche den individuellen Anbietern den Markt versauen.

Und er sagt: „Kommen werden Restaurants, die frisches, gutes Essen anbieten – notgedrungen mit weniger Personalaufwand, denn die ganze Dienstleistungsbranche hat ja massive Schwierigkeiten, Mitarbeiter zu finden.“

Einspruch, euer Ehren. Frische Küche mit regionalen Produkten bedeutet einen großen Aufwand, auch unterhalb der Sterne-Küche. Planung, Einkauf, Küche, Service – das ist eben nicht mit weniger (Personal-) Aufwand hinzukriegen. Sich um gute Lieferanten aus der Region zu kümmern, erfordert mehr Aufwand, als das Gemüse aus dem Katalog des Großhändlers auszuwählen. Gutes, frisches Essen kostet. Egal, auf welchem Niveau.

Im Sternelokal sind die Gäste bereit, relativ viel Geld für Essen auszugeben. Aber einfach nur sauberes Essen, ohne Glamour-Faktor? Das macht auch viel Arbeit. Und hat eben auch seinen Preis. Ich bin nicht sicher, ob Gäste bereit sind, dafür einen angemessenen Preis zu bezahlen, der es Gastronomen ermöglicht, zu überleben.

Weil der Gegenwert des Speisenpreises für viele Gäste eben nicht nur das tatsächliche Produkt auf dem Teller ist, sondern wesentlich auch der Glamour-Faktor des Essengehens. Das funktioniert natürlich in der Sternegastronomie. „Wir waren ja am Wochenende im Dings & Dingens essen, also das war ja…“. Oder so. Und danach kann man dann ja auch gleich smalltalkmäßig zu den aktuellen Preisen der angesagten SUVs übergehen.

Müller: „Bei den Gerichten selbst halte ich alles Umami-Angereicherte, also sehr aromenstarke Küche mit starkem asiatischen Einschlag, für den kommenden Trend.“ (Zur Erklärung: Umami ist der „herzhafte“ Geschmack, der sich beim Kochen entweder z. B. natürlich durch Tomatenmark - reich an Glutaminsäure - ergibt, oder aber durch künstliche Geschmacksverstärker wie Glutamat. Das ist dann die Aroma-Keule im China-Restaurant.)

Och, bitte, das kann es doch nun wirklich nicht sein. Die überwürzten Produkte, die wir an jeder Ecke kaufen können, sind doch Mist. Es muss doch darum gehen, den Lebensmitteln ihren Eigengeschmack zu lassen, und genau daran entlang zu kochen.

Und das passt auch gar nicht dazu, dass Müller in diesem Interview zugleich beschreibt, wie er in direkter Zusammenarbeit mit Erzeugern den perfekten Kohlrabi züchten lässt. Denn das ist dann schon wieder ziemlich beeindruckend.

Zitate-Quelle: Hannoversche Allgemeine Zeitung, 28. Oktober 2017, „sonntag“, Seite 5


Dienstag, 17. Oktober 2017

Greenwashing

Als Gastronom, der auch Catering anbietet, bekomme ich auch immer wieder etwas merkwürdige Anfragen. Das ist ganz normal. Zu den Highlights der Fragwürdigkeiten gehört diese frische Anfrage: Da fragt ein großer Versicherungskonzern an, ob man das Catering für eine Veranstaltung als Co-Sponsor unterstützen möchte. Umsonst. Essen verschenken. Es geht um eine Veranstaltung, bei der Kinder mit den Gedanken des Klimaschutzes vertraut gemacht werden sollen, Bäume pflanzen und etwas in der Art. Und der Caterer soll dann das passende Essen dazu liefern. Für lau. Gelockt wird mit Werbemöglichkeiten, die völlig nutzlos sind.

Das nennt man Greenwashing. Wenn Firmen, die nichts, aber auch gar nichts mit Klimaschutz und Nachhaltigkeit am Hut haben, öffentlichkeitswirksame Aktionen machen, um sich als grün und nachhaltig zu präsentieren. 

Es wäre mir neu, dass diese Versicherung ihren Fahrzeugpark komplett auf E-Autos umgestellt hätte. Habe ich nicht gelesen. Oder den Energieverbrauch in der fetten Firmenzentrale auf erneuerbare Energien umgestellt hätte. Habe ich auch nicht gelesen. Statt dessen wird eine arme „Nachhaltigkeitsbeauftragte“ losgeschickt, um Alibi-Veranstaltungen zu organisieren. „Und die Presse ist auch da.“, heißt es dann am Telefon. Nein, die Presse ist eben nicht da, weil die sich nicht mit so einer Nummer foppen lassen. Aber der blöde Caterer hat’s nicht kapiert und ist auf den Leim gegangen.

Ich habe noch mal nachgesehen: Diese Versicherung hat über ihr Geschäftsergebnis 2016 per Pressemitteilung am 19.5.2017 mitgeteilt: „Der Jahresüberschuss belief sich im Konzern auf 36,8 Mio. Euro.“ Knapp 37 Millionen Euro Gewinn. Und nebenbei mehr als das Doppelte gegenüber dem Vorjahr. Whow!

Aber das Catering für eine Greenwashing-Veranstaltung will man sich dann auch noch sponsorn lassen und nicht selbst bezahlen.

Das ist schon ein echt starkes Stück.


Samstag, 7. Oktober 2017

Vegetarier am Katzentisch

Niemand, der bei Verstand ist, kann heute noch ignorieren, dass es einen beträchtlichen Anteil an Gästen in der Gastronomie gibt, der sich vegetarisch ernähren möchte. Zwar ist das immer noch eine Minderheit, offenbar auch kleiner, als man gemeinhin denkt, aber, je nach Art der Gastronomie und Zielgruppe, ein wichtiger bis unverzichtbarer Faktor.

Warum werden dann gerade in der gehobenen Gastronomie Vegetarier so sträflich vernachlässigt? Wenn man sich Menükarten anschaut, sind es immer noch der Sous-Vide-gegarte Schweinebauch oder das geschmorte Kalbsbäckchen, das da punkten will. Überzeugende vegetarische Menüs sind die Ausnahme. Der Vegetarier (meist wohl eher die Vegetarierin) sitzt am Katzentisch. Und dann kommt ein junges, ziemlich ambitioniertes Restaurant in unserer kleinen Stadt auch noch ausgerechnet mit Hummer und Kaviar um die Ecke und nennt das auf Facebook „Klassiker“. Das ist nicht euer Ernst.

Liebe Köche und Gastronomen: Fragt ihr euch eigentlich gar nicht, wieso in den Szenevierteln eurer Stadt vegane Burger-Läden aufpoppen wie Pilze bei Regen und Ketten wie Dean & David den Durchmarsch machen mit ihrem ziemlich plumpen Fresh- und Green-Feeling? Aber die nehmen Vegetarier(innen) ernst! Ja, das hat mit Kochen natürlich nicht viel zu tun. Aber habt ihr mal im Bankenviertel von Frankfurt am Main zur Mittagszeit gesehen, wer wohin essen geht? Eben.

Und ihr kocht stoisch weiter eure Kalbsbäckchen. Habt ihr schon mal darüber nachgedacht, ob es nicht oft die vegetarisch orientierten Frauen sind, die heute die Entscheidung darüber treffen, wo essen gegangen wird? Hey, wir haben 2017!

Das alles könnte auch damit zusammenhängen, dass Köche in ihrer Ausbildung zwar lernen, wie man ein halbes Schwein fachgerecht zerlegt und die Bestandteile zubereitet, aber meistens leider nicht, wie man aus vegetarischen Zutaten ein vollwertiges Essen kreiert. Außerdem ist es natürlich viel einfacher, eine fünf- bis siebengängige Menüfolge zu gestalten, wenn man Fleisch und Fisch benutzen darf. Beim vegetarischen Menü geht einem spätestens nach dem dritten Gang (Gemüse, dann Gemüse, und dann noch Gemüse…) die Luft aus. Ja, geht mir auch nicht anders. Aber genau das müsste doch die Herausforderung sein, oder irre ich mich? Die Nachfrage ist fraglos sehr groß.

Und nur nebenbei: Wenn ich als Vegetarier(in) aus einem Sieben-Gänge-Menü die beiden fleischigen oder fischigen Gänge weglasse, kann ich dann eigentlich sicher sein, dass ich wirklich vegetarisch esse? Sind die Gelees und andere entzückende Kleinteile auf dem Teller nicht oft mit Gelatine gebunden? Wird da in der Küche z. B. Agar-Agar verwendet, also ein vegetarisches Geliermittel? Das ist etwas schwieriger zu handhaben als Gelatine (auch bei Desserts), die ist schön einfach, aber leider eben nicht vegetarisch. Das mag man jetzt pingelig finden. Oder auch nicht.

Bei allem Respekt, ihr jungen, ambitionierten Köche: Tischt doch mal ein vollwertiges vegetarisches Menü auf, das wirklich beeindruckt, bezaubert und auf ganzer Linie überzeugt.


Sonntag, 1. Oktober 2017

Alles nur gelogen?

"Wir waren total unzufrieden". Der Salat war labberig, das Brot alt, die Preise sowieso zu hoch, und eigentlich war alles Mist.
So. Da steht nun also eine solche – Monate alte - doofe Kundenbewertung als erste ganz oben auf einem Facebook-Profil eines Lokals, obwohl es ansonsten jede Menge freundlichere, aktuellere  Bewertungen gibt. Und bleibt da oben. Liest jeder zuerst. Dumme Sache. Kriegt man auch nicht weg.  
Ist nicht mein Lokal, dieses Beispiel. Ich möchte nicht tauschen mit den Betreibern.

Das kommt davon, wenn man seine öffentliche Wahrnehmung von Facebook abhängig macht. Es ist ziemlich unklug, sich als Gastronom der Macht von Facebook & Co. auszuliefern. 
Warum? Darum:

1.
Alle lechzen nach den Chancen, die Facebook vermeintlich bietet (ganz viele Likes!! Suupii!!), aber keiner kennt die Algorithmen, nach denen Facebook gewichtet und sortiert. Und dann schlagen blöde Bewertungen ein, die man nicht mehr weg bekommt. 
2.
Online-Bewertungen sind fragwürdig. Gäste kommen mit unterschiedlichen Erwartungen. Manchmal passen die Erwartungen einfach nicht zum Konzept des Lokals. Falsches Speisenangebot, falsches Preisniveau; da wird bio mit vegetarisch oder allergiefrei verwechselt; und warum gibt es keine Soja-Milch zum Kaffee? Na ja, das haben wir ja auch nicht angeboten. Früher wären diese Gäste einfach nicht wieder gekommen. Heute hinterlassen sie dann vielleicht eine böse Online-Kritik. Dabei haben sie sich einfach nur verlaufen. Klassisches Missverständnis. Die schlechte Bewertung aber bleibt. Und schadet.
3.
Fast alle Online-Bewertungen sind unprofessionell. Wenn professionelle Tester, z. B. Restaurant-Kritiker von Zeitungen testen, dann haben sie zumeist nachvollziehbare Kriterien, nach denen sie testen. Indem sie etwa ein Lokal an seinen eigenen Ansprüchen messen. Heißt: Wer viel verspricht, muss das auch halten können. Und das lässt sich dann auch überprüfen und entsprechend bewerten. Das ist bei den vielen selbsternannten Online-Kritikern nicht der Fall. Denn dort wird oft nur das Erlebte mit dem persönlichen Geschmack und Empfinden verglichen und daraus ein Urteil gefällt. Das ist keine ernst zu nehmende Kritik, die es verdient hat, massenhaft verbreitet zu werden, sondern einfach nur eine einzige persönliche Meinung, die auch gerne zuhause bleiben dürfte.
4.
Viele positive Bewertungen sind Gefälligkeitsbewertungen. Gerade dann, wenn unmittelbar nach einer sehr kritischen Bewertung plötzlich - welch Wunder - ein paar ganz entzückende Bewertungen eintrudeln - ja, was ist denn da passiert? Mal schnell ein paar Leute kontaktet, könnt ihr nicht mal, und so. Und flugs ist die Quote wieder bei 98,8 Prozent. 
5.
Genauso gefälscht sind oftmals negative Bewertungen. Weil sie beispielsweise von Wettbewerbern stammen. Es ist ja ein Leichtes, an jeder Speise irgendwie herumzumäkeln. Und natürlich erkennt man bei manchen Bestellungen sofort, dass das nicht ein normaler Gast ist, sondern offenbar die Konkurrenz ein Testessen abholt. Das ist im Prinzip kein Problem. Nur falls dann noch eine miese Bewertung abgegeben wird, ist das Maß des gesitteten Wettbewerbs eindeutig überschritten. 
6.
Was soll man davon halten, wenn Betreiber von Läden selbst tolle Bewertungen für ihre eigenen Dependancen abgeben? Und das dann auch noch unter dem eigenen Namen. Das gibt es tatsächlich, und das ist ja schon wieder erfrischend ehrlich bekloppt.
7.
Die Überzeugungsarbeit für meine Gäste findet in der Küche statt und nicht bei Facebook.
8.
Ich bin mit meinem Lokal nicht bei Facebook, nicht bei Twitter, nicht bei Instagram. Ganz bewusst. Leben ohne Hashtag. Und ich fahre gut damit. Ich hege und pflege eine eigene Homepage, auf der meine Gäste alle relevanten Informationen bekommen. Und anders als bei Facebook & Co. behalte ich die Kontrolle darüber, was auf meiner Seite steht. Ich mag das.
9.
Hashtags wie zum Beispiel „#unfassbarlecker“ sind nur peinliches Eigenlob, das gewaltig müffelt. Vielleicht überlassen es wir doch lieber unseren Gästen, unsere Leistung zu beurteilen. Der „Applaus des abgeleckten Tellers“ (Christian Rach) ist immer noch mehr wert als jede Online-Bewertung.
10.
Fazit: Kundenbewertungen im Netz - gerade bei Facebook - haben nur eine sehr begrenzte Aussagekraft. Vielleicht sollte man einfach auf persönliche Empfehlungen aus dem Freundeskreis vertrauen, wo man vielleicht mal ganz gut essen gehen könnte. 

Ich weiß, das ist ein unglaublich altmodischer Vorschlag. 
Aber einen Versuch ist es wert. 


Montag, 25. September 2017

Sterneküche braucht kein Mensch

„Mit dem Essen spielt man nicht“, hat Oma gesagt. Gemeint war: Das ist mit Liebe und Zeitaufwand gemachtes ehrliches Essen, und ich möchte bitte, dass du das jetzt nicht aus lauter Langeweile auf dem Esstisch verteilst. Wer Kinder hat, versteht, was ich meine.

Sterneküche ist so etwas Ähnliches. Nur für Erwachsene. Zerpflücktes Essen, spielerisch auf einem Teller verteilt, Nahrungsmittel mit Messer und Mixer ihrer Substanz und durch die Zubereitung oft ihrer Nährstoffe beraubt, mehr oder weniger sinnvoll auf einer Platte drapiert, hauptsächlich bunt, essbare Blüten sind unverzichtbar, und vor allem ganz, ganz kunstvoll. Damit es auf dem Facebook-Posting auch so richtig knallt. Aber: Hat es dem Gast eigentlich auch wirklich geschmeckt? Und was hat der Gast da eigentlich gegessen? Hat er ein gutes Essen im eigentlichen Sinne bekommen? So wie Oma es gemeint hat? Oder hat er nur ein wahnwitzig aufwändiges Kunstwerk genossen, um sich selber dafür abzufeiern, dass er sich das leisten kann?

„Jeder Teller ein Gemälde, jeder Teller gleich“, hat Christian Rach mal postuliert, als er noch das Tafelhaus in Hamburg führte und den Michelin-Stern verteidigen musste. Ohne den Stern wäre er ja vermutlich niemals RTL-TV-Star geworden. Oder Kochbuch-Bestsellerautor. (Seine ersten Bücher gehören übrigens zu den besten, die TV-Köche so herausgebracht haben.) Wenig später ist er ausgestiegen. Warum bloß?

Immer wieder schmeißen Sterne-Köche hin. Zuletzt – unter großem Geraune in der Branche – der französische 3-Sterne-Koch (!) Sébastien Bras. Er will einfach nicht mehr im „Michelin“ gelistet sein. Zu hoher Druck. Gegenüber dem SPIEGEL teilte der Michelin-Herausgeber schmallippig mit, es sei noch nicht entschieden, ob Bras aus dem Restaurantführer genommen werde. Der Guide sei „nicht für Köche gemacht, sondern für Kunden“. [1] Aber vielleicht auf Kosten der Köche?

Das Problem bei den Michelin-Sternen ist: Sie müssen immer wieder verteidigt werden. Man kann sie wieder verlieren. Sie sind für Köche ein Nobelpreis, der wieder aberkannt werden kann. Das gibt es so in keiner anderen Branche. Man stelle sich nur einmal vor, der Literatur-, Friedens- oder Medizin-Nobelpreis würde den damit Ausgezeichneten zwei Jahre später einfach wieder aberkannt, weil ihre Leistungen, nun ja, in der Folge eben doch nicht mehr so ganz den Ansprüchen der Auszeichnung genügen. Unvorstellbar. Desaströse Folgen für die eigene Reputation. Für Sterneköche ist aber genau das die brutale Realität. Der Nobelpreis auf Abruf.

Das macht einfach nur kaputt. Kaum einer hält das wirklich aus. Und kaum einer gibt es zu. Die Frage ist: Warum sich das antun?

Ich kenne Köche, die in Restaurants gearbeitet haben, die im Gault Millau mit 18 (von 20 möglichen) Punkten bewertet waren, und wo in der Küche die Flasche Grappa stets zur Selbstbedienung bereit stand – und zwar während und nicht nach der Arbeitszeit. Und das Angebot wurde genutzt.

Seien wir doch mal ehrlich: Sterneküche ist zumeist nicht mehr als die Bespaßung gelangweilter Besserverdiener. Mit Essen hat das nicht mehr viel zu tun. Schäume, Essenzen und allerlei Fragmente auf dem Teller – schön und gut. Sieht toll aus, und, im besten Fall, schmeckt es aufregend. Nur: das braucht kein Mensch.

Gerade schwer angesagte Zubereitungsmethoden wie Fermentieren (noch in) oder Einkochen (schon wieder out) stammen aus der Steinzeit. Eine Zeit, in der es noch keine Kühlschränke gab. Da mag das auch sinnvoll gewesen sein. Heute ist das nur eine weitere Trend-Sau, die durchs Dorf getrieben wird. Darauf können wir gerne verzichten.

Was wir brauchen, ist sauber gekochtes Essen für Menschen, die nicht 100 Euro für ein Abendessen ausgeben können (oder wollen), die aber bereit sind, vielleicht 15 oder 20 Euro für ein Essen auszugeben, das sich vom allgegenwärtigen Dreckskram für 4,99 € abhebt.

[1] http://www.spiegel.de/stil/spitzenkoch-sebastien-bras-gibt-seine-sterne-an-michelin-zurueck-a-1169065.html


Dienstag, 22. August 2017

#murks

Der Hashtag (#) hat Geburtstag. 10 Jahre. Leider.
Wenn ich mir ansehe, was einige Gastronomiebetriebe in unserer kleinen Stadt so bei Facebook veröffentlichen, ergreift mich das kalte Grausen. Da wird ständig ein völlig wirrer Wust aus Hashtags gepostet, ohne Sinn und Verstand, offenbar nur in der vagen Hoffnung, man könne damit möglicherweise irgendeine Relevanz in den sozialen Netzwerken erzielen. 
Erstens: Vielleicht verwechselt man da die potentiellen Reaktionen auf solche Postings mit dem tatsächlichen Kaufverhalten der Menschen. 
Ergo: Wieso kommt keiner in meinen Laden? Vielleicht, weil die Überzeugungsarbeit nicht bei Facebook stattfindet, sondern täglich in der Küche? War ja nur eine Frage.
Zweitens: Was spricht dagegen, meine Kunden mit normalen Mitteilungen (ohne #) anzusprechen? Könnte sein, dass der eine oder andere das sogar mag.

Sonntag, 20. August 2017

Alles bio, oder was?

Der aktuelle Fipronil-Skandal um Eier, die mit einem chemischen Reinigungsmittel verunreinigt sind, sorgt dafür, dass in sämtlichen örtlichen Supermärkten Bio-Eier ausverkauft sind. Der Bioland-Geflügelhof unseres Vertrauens kann gar nicht so viel liefern, wie es die Nachfrage erfordern würde.

Aber mal ehrlich: Sind wir wirklich überrascht, dass in der Geflügel-Industrie nicht nur fragwürdige Haltungsbedingungen für die Tiere vorherrschen, sondern dann auch bei der Reinigung der Ställe offenbar die (verbotene) Chemie-Keule zum Einsatz kommt? Allerdings, wie es aussieht, meist ohne Wissen der Betreiber der Höfe. Kriminelle Machenschaften. Aber die breiten sich besonders gerne da aus, wo viel Geld verdient wird. Die Massentierhaltung von Geflügel gehört ohne Zweifel dazu.

Es gibt kaum einen Bereich, in dem die Diskrepanz zwischen Massentierhaltung und artgerechter Tierhaltung so deutlich wird wie bei Geflügel, wenn man die Preise vergleicht. Verbraucher sollten das tun.

Konventionelle Hähnchenbrust ist im Internet ab 5,- € pro Kilo zu bekommen. Das ist schlichtweg widerlich. Hähnchenbrust aus artgerechter Tierhaltung nach Bioland-Richtlinien kostet gut und gerne um die 30,- € pro Kilo (Das ist kein Tippfehler; in Worten: Dreißig Euro). Netto. Oder auch mehr. Und das zu recht.

Nun gibt es allerlei Gastronomen, die unter dem Eindruck der Fipronil-Berichte ihr Rührei auf der Frühstückskarte flugs als „Bio-Rührei“ bezeichnen. Weil sie ihre Eier im Supermarkt aus dem Bio-Sortiment gekauft haben. Das mag stimmen. Oder auch nicht.

Und genau das ist das Problem: Sie dürfen das nicht. Weil es nicht überprüft ist. Denn die „Bio“-Bezeichnung ist geschützt und ist Betrieben vorbehalten, die als Bio-Betriebe zertifiziert sind, von einer staatlich anerkannten Öko-Kontrollstelle überwacht werden und die entsprechenden Gebühren für dieses Bio-Zertifikat bezahlen. Das sind mindestens ein paar hundert Euro pro Jahr. So ist das Gesetz.

Sich nach Lust und Laune mit ein bisschen „Bio“ zu schmücken, ist einfach nicht erlaubt.

Eigentlich ist die Sache ziemlich einfach: Wenn Ihnen jemand mit „Bio“ kommt – schauen Sie auf die Bio-Zertifizierung. Und fragen Sie, wo’s herkommt. Betriebe, Restaurants oder Caterer, die sauber arbeiten, werden Ihnen diese Frage problemlos beantworten können.


Samstag, 15. Juli 2017

Fleisch zu verschenken

 Vegetarisch? Vegan? Flexitarisch ? – Der Umgang mit dem Genuss von Fleisch ist ein Dauerbrenner in der öffentlichen Diskussion über unsere Ernährungsgewohnheiten. Eine große Mehrheit der Deutschen gehört nach wie vor zu den überzeugten und regelmäßigen Fleischessern. Das ist bekanntermaßen ein Problem. Massentierhaltung und Klimaschutz sind die zugehörigen Stichworte. Umso erfreulicher sind aktuelle Trends, wie sie der Ernährungsreport 2016 des Bundeslandwirtschaftsministeriums aufzeigte. Demnach wären durchaus fast 90 Prozent der Befragten bereit, für Fleisch ein paar Euro mehr zu bezahlen, wenn es denn aus artgerechter Tierhaltung stammt. Und die unter 30-jährigen gaben sogar an, den doppelten Preis bezahlen zu wollen. Das ist erfreulich. Aber vielleicht doch nicht viel mehr als schöne Umfrage-Theorie. In der Praxis locken dann eben doch die Fleisch- und Geflügel-Schnäppchen. Das gilt auch und gerade für die Gastronomie.
Umso schlimmer ist es dann, wenn gerade bei jungen, gesundheitsbewussten Gastro-Projekten mit dem Thema Fleischpreis und Tierwohl äußerst merkwürdig umgegangen wird, wie dieses Beispiel zeigt:


Kost ja nix: Fleisch und Geflügel gibt's für 'nen schlappen Euro dazu. (Fotoquelle: Facebook)

Hier gibt es auf einer Mittagstisch-Wochenkarte vegetarische Speisen mit einer Fleisch-Option: Hackfleisch und Hähnchen für sage und schreibe einen (!) Euro Aufpreis. Schon betriebswirtschaftlich ist das schwer nachzuvollziehen.
Weitaus verheerender ist aber das Signal an die Gäste: Fleisch kostet bei uns praktisch nichts!
Das ist genau das falsche Signal, genau der falsche Weg.
Fleisch und (vor allem!) Geflügel aus artgerechter Haltung (Bio, oder vom Hof meines Vertrauens) kostet erheblich mehr als das Billigfleisch beim Discounter oder vom Großmarkt.
Schade, wenn Gastronomiebetriebe, die so frisch und gesund daher kommen, hier offenbar leider nicht über die Nasenspitze hinaus denken.



Dienstag, 6. Juni 2017

Ein unmoralisches Angebot

Wer wissen will, warum ein grillfertiges Schweinenackensteak beim Discounter zum Schnäppchenpreis von 1,99 Euro je 600 Gramm zu haben ist, und ein vergleichbares Stück Fleisch aus kontrollierter Bio-Zucht ein Vielfaches kostet, sollte sich das hier mal ganz langsam auf der Zunge zergehen lassen:
Damit in der industriellen Schweinemast die Sauen möglichst zeitgleich trächtig werden und werfen, wird etwa jeder dritten Zuchtsau ein Hormonpräparat gespritzt.
Dieses Mittel (PMSG) wird aus dem Blut trächtiger Stuten gewonnen. Also von Pferden. Die mit den Schweinen ja erstmal nichts zu tun haben. Viele Pferde überleben diesen Aderlass nicht. Bei der Blutentnahme werden die Tiere offenbar schwer misshandelt. Praktiziert wird das hauptsächlich in Ländern wie Uruguay oder Argentinien. Pro Jahr sterben rund 30 Prozent der „Blutstuten“, so Tierschützer.
„Ein riesiges Geschäft“, schreibt der SPIEGEL (# 23/17), „100 Gramm des Rohstoffs kosten knapp eine Million Dollar“.
Es macht unser Schweinefleisch billiger. Weil es für die Erzeuger Planbarkeit bedeutet. Das kann man den Erzeugern vorwerfen, aber auch den Käufern.
Nicht ganz klar ist, ob PMSG-Produkte, die auch hierzulande erzeugt und heimischen Schweinen verabreicht werden, unter ähnlich grausamen Bedingungen erzeugt werden.
Sehr klar jedoch ist, dass es ganz bestimmt nicht dem Tierwohl dient, solche Mittel zu spritzen. Nur, damit das Schnitzel als Billig-Schnäppchen auf unserem Grill landet.
Ein unmoralisches Angebot.

Dienstag, 28. März 2017

Dickmacher Smoothie

Smoothies, also Drinks aus gepresstem Obst, Gemüse und anderem Grünzeug, gehören zu den beklopptesten Food-Trend der Gegenwart. Dieser Trend, der natürlich aus den USA zu uns schwappte, ist nicht mehr als ein weiteres, fragwürdiges „Convienience“-Imitat gesunder Ernährung.
Die Amerikaner haben es immer schon verstanden, aus jedem Eigentlichen eine bequeme Variante zu entwickeln. Auch und gerade beim Essen. Wäre das vernünftig, wären sie nicht so dick.
Ein Smoothie ist Obst und Gemüse als Coffee to go. Aber nicht mehr Obst und Gemüse, wie es sein sollte.
Smoothies – zumindest jene, die lecker schmecken – sind nicht besonders gesund, sondern echte Dickmacher.
Die Natur hat sich eigentlich ganz schlau ausgedacht, dass beispielsweise ein Apfel neben seinem Vitamingehalt auch Kohlenhydrate, Ballaststoffe und Fruchtzucker enthält. In einem recht ausgewogenen Verhältnis. Alles Dinge, die der menschliche Körper braucht. Das macht einen Apfel zu einem ziemlich gesunden Lebensmittel. Das gilt für andere Produkte übrigens auch.
Wenn ich jetzt diese Lebensmittel ausquetsche, erhalte ich einen Saft, der zwar noch eine gewisse Menge an Vitaminen enthält, aber kaum noch Kohlenhydrate und Ballaststoffe (das landet ja im Müll) und vor allem eine völlig überproportionierte Menge an Fruchtzucker, also Kalorien. Das ist ungefähr das, was auch ein Glas Cola anrichtet. Nur mit etwas mehr Vitaminen. Besonders schlau ist das nicht. Macht nicht gesund, sondern dick.


Die Smoothie-Bilanz: 17 Zuckerwürfel auf 0,2 Liter.
Das entspricht fast schon einem halben Liter Cola.
(Foto-Quelle: F.A.S. 26.3.17)

Ich mag mich irren, aber was spricht eigentlich dagegen, einfach einen Apfel oder eine Banane zu essen?

Montag, 13. März 2017

Die Kunst des Scheiterns

Christian Rach ist bei RTL wieder als Restaurant-Tester unterwegs. Die erste Sendung war inhaltlich belanglos. Bemerkenswert jedoch ist, dass RTL sich traute, eine Folge als Start der neuen Staffel auszustrahlen, in der Rach letztlich keinen Erfolg verbuchen konnte. Nicht „Rach, der Retter“. Sondern „Rach, der Scheiterer“. Und er gibt es zu. Das ist interessant, auch deshalb, weil Rach selber ja in letzter Zeit mit seinen Ausflügen zu anderen Formaten und Sendern eher gescheitert ist.

Als Ernährungspapst im ZDF hat er nicht funktioniert, auch nicht in der unsäglichen „Undercover“-Maskerade, dann schon wieder bei RTL. Obwohl die Grundidee sehr gut war, einmal aufzuzeigen, welchen Schaden unqualifizierte Online-Bewertungen für Gastronomen anrichten können.

Wer nach der heutigen Rach-Folge ab- oder umgeschaltet hat, hat etwas verpasst. Denn im nachfolgenden Extra-Magazin gab es Interview-Clips mit Rach, in denen er monierte, dass das Scheitern und Wiederaufstehen hierzulande zu wenig Anerkennung genießt. Und dass auch das Scheitern zum Geschäftserfolg gehören kann. Das war viel aufschlussreicher als die eigentliche Sendung davor.

Ganz genau. Wir wollen ja immer nur Weltmeister werden.



Sonntag, 12. März 2017

Superfood


Superfood. So will doch keiner heißen. Nicht einfach Essen, gutes Essen, leckeres Essen, nein: Superessen. Alberner Hype. (…)

Superman, Superfood: Essen als Rettung? Müsli war gestern.

Wieso fühlt sich der Weg von der Generation, die kein Fett vom Fleisch abschnitt, weil es im Krieg nichts zu essen gab, hin zu der, die sich im Biosupermarkt nicht entscheiden kann zwischen Amaranth und Quinoa, so oft nicht wie Fortschritt an, sondern wie Perversion?“
Julia Dettke | F.A.S. | 12.3.17

Samstag, 11. März 2017

Alter Wein in neuen Schläuchen.


Warum finden wir eigentlich jedes Allerweltsphänomen cool und irgendwie zukunftsweisend, nur weil es in einem Anglizismus verpackt daher kommt? Wenn unsere (Ur-) Großmütter wüssten, was sich hinter „Meal Prep“ verbirgt, würden sie schallend, aber gütig lachen. In ihren Zeiten hieß das schlicht „wirtschaften“ oder „haushalten“. (…) In der Evolution sind auch Rückschritte möglich.“
Daniel Behrendt | Hannoversche Allgemeine Zeitung | 11.3.17



Montag, 20. Februar 2017

Grober Unfug

Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) hat es wirklich nicht leicht in diesen Tagen. Gerade erst stieß ihre Plakat-Kampagne mit Knaller-Reimen für mehr Tierwohl („Steht das Schwein auf einem Bein, ist der Schweinestall zu klein“) auf, sagen wir mal vorsichtig, nicht nur zustimmende Resonanz. Landwirtschaftsfunktionäre verfielen reihenweise in Schnappatmung.

Und jetzt das: Wie das Investigativ-Medium „Bild“ am Wochenende enthüllte, hat es die Ministerin gewagt, eine hausinterne Richtlinie auszugeben, wonach Gäste des Ministeriums von Caterern vegetarisch (!) versorgt werden sollen. Schnell wurde gezetert: Kommt jetzt der einst von den Grünen (mit wenig durchschlagendem Erfolg) propagierte „Veggie-Day“ durch die Hintertür?

Was für ein Unfug. Hendricks Sprecher Michael Schroeren wies Medienberichten zufolge ganz lapidar darauf hin, dass die Ministerin, wie jede Gastgeberin, entscheiden könne, was bei ihr auf den Tisch kommt. Recht hat sie. Dennoch hagelte es teils heftige Kritik, etwa von der stellvertretenden CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden im Bundestag, Gitta Connemann: „Eine solche Volkserziehung per Speiseplan lehnen wir ab.“

Nur noch mal zum Mitschreiben: Die Ministerin hat keineswegs ein Gesetz angekündigt, dass Unternehmen oder Privatleute dazu zwingen würde, ihre Gäste in Zukunft nur noch vegetarisch zu beköstigen. Tante Erna darf zum 80. Geburtstag gerne auch die Schlachteplatte servieren. Frau Hendricks hat einfach nur Regeln für ihr eigenes Haus festgelegt. Und die Teilnehmer von Pressekonferenzen oder Tagungen im Umweltministerium werden es überleben, wenn keine Mettbrötchen auf der Häppchenplatte liegen.



Sonntag, 19. Februar 2017

Vegan in Limburg

Eine Veganerin in Limburg hat sich bei der Stadt darüber beschwert, dass im täglichen Glockenspiel einer Kirche auch die Melodie von „Fuchs, du hast die Gans gestohlen“ erklingt. Insbesondere an der Liedzeile „Sonst kommt dich der Jäger holen, mit dem Schießgewehr“ hat sie sich gestört. Oder, besser gesagt, an der Stelle im Lied, wo in der gesungenen Version der Jäger vorkommt. Denn das Glockenspiel ist natürlich rein instrumental. Also doch irgendwie vegetarisch.

Wie dem auch sei: Bürgermeister Marius Hahn hat den Fehler gemacht, diese Wortmeldung sehr, sehr ernst zu nehmen und tatsächlich das Lied aus dem Repertoire zu nehmen, zumindest vorübergehend. Und irgendwer hat’s im Netz ausgeplaudert. Folge: Die Medien von Süddeutsche.de über Spiegel bis zur Huffington Post hatten eine leckere Schlagzeile und berichteten genüsslich. Und viele andere mehr, die abgeschrieben haben. Und die sozialen Medien blubberten über.

Wieder mal ein Fall von künstlich erzeugter Relevanz in der öffentlichen Wahrnehmung. Normalerweise hätte dieses „Ereignis“ niemals die Stadtgrenzen von Limburg verlassen, ja nicht einmal die Mauern des Rathauses dieser Stadt. Es wäre bestenfalls beerdigt worden in einer Montag-Morgen-Arbeitsbesprechung eines Bürgermeisters mit seinem Pressereferenten. Oder etwas in der Art. Ganz bestimmt aber hätte sich das im echten Leben niemals bundesweit verbreitet und hätte – ob seines armseligen Nachrichtenwertes – die Aufmerksamkeit von sehr vielen unschuldigen Menschen auf sich gezogen. Aber das Bizarre findet ganz schnell seinen Weg.

Generationen von Journalistenschülern wurde die Weisheit eingetrichtert, dass die Meldung „Hund beißt Mann“ keine Nachricht ist, die Meldung „Mann beißt Hund“ aber sehr wohl. Das könnte ein Grund sein.

Ich weiß nicht, wer mir jetzt mehr leid tut: Die arme Veganerin oder der Bürgermeister, die sich beide jetzt dem geballten Spott der Online-Öffentlichkeit ausgesetzt sehen. Oder wir, die wir unablässig mit belanglosem Info-Schrott belästigt werden. Was uns Lebenszeit kostet und uns Aufmerksamkeit raubt für Dinge und Menschen, die es verdient hätten.


Sonntag, 5. Februar 2017

Ein bisschen schwanger

Agrarminister Schmidt (CSU) hat nachgelegt. Das neue „Tierschutz-Label“, das er auf der Grünen Woche in Berlin vorstellte, soll Verbrauchern helfen, im Supermarkt Fleisch aus… ja was eigentlich?... ein bisschen artgerechterer Tierhaltung (?) zu erkennen. Ein bisschen mehr Platz im Stall. Das könnte dann wohl auch ein bisschen mehr kosten. Aber nicht zu viel, keine Angst. Denn billig soll es ja bleiben, unser täglich Fleisch. Mehr Tierwohl, das klingt doch gut. Und alles ganz freiwillig und unverbindlich. Eben nur ein bisschen mehr Tierwohl.
Das ist wie ein bisschen schwanger.

Ein Stern in Sachen Tierwohl. Bei Hotels heißt das "Einfache Ansprüche".

Dieses Label ist eine Luftnummer.
Wenn Verbraucher sich orientieren möchten, was die Herkunft oder die Haltungsbedingungen von Tieren angeht, gibt es bereits allerbeste Möglichkeiten: Entweder habe ich einen Schlachter meines Vertrauens, der mir erzählen kann, woher er seine Schweine und Rinder bezieht, zum Beispiel aus der Nachbarschaft, und dann kennt er auch die Betriebe und die Haltungsbedingungen.
Oder ich kann auf die Siegel von Bioland- oder Demeter-Betrieben vertrauen, die schon auf artgerechte Tierhaltung gesetzt haben, bevor sich irgendein Minister dafür interessiert hat. Selbst die vergleichsweise laschen Bestimmungen des EU-Bio-Standards stehen für ein Mindestmaß artgerechter Tierhaltung. All diese Betriebe werden kontrolliert und zahlen nicht unerhebliche Gebühren für ihre Bio-Zertifizierung. Zwischen diesen Formen der ökologischen Landwirtschaft und der industriellen Massentierhaltung liegen Welten. Das hat dann auch seinen Preis. Für den Minister sind das allerdings "Nischen-Luxus-Label".
Fakt ist: Kein Schwein braucht ein neues Tierschutz-Label.
Ganz im Gegenteil. Dieses Label trägt nur dazu bei, die Verunsicherung bei Verbrauchern zu erhöhen. Es fügt dem ohnehin schon recht unübersichtlichen Gestrüpp verschiedenster Siegel und Labels nur noch ein weiteres hinzu.
Wer es ernst meint und die Standards der konventionellen Tierhaltung stärker am Tierwohl ausrichten möchte, muss gesetzliche Vorgaben schaffen, also verbindliche Regeln, die für alle gelten. Die könnten dann kontrolliert und – bei Verstößen dagegen – sanktioniert werden.
Dieses „Tierwohl-Label“ ist nicht mehr als eine Karnevals-Plakette für Erzeuger, die die Tierhaltung der ökologischen Landwirtschaft für bescheuert halten, sich aber auch gerne mal ein Gutmenschen-Siegel aufkleben möchten. Und für Verbraucher, die glauben, ein ehemals glückliches Schwein zu kaufen, das trotzdem so erfreulich billig ist. Juhu, geht doch…!
Nein, geht leider nicht. Tierwohl und billiges Fleisch passen einfach nicht zusammen. Ein bisschen schwanger geht ja auch nicht.


Mittwoch, 1. Februar 2017

Auf den Leim gegangen

Food-Bloggerin Graziella kann sich kaum noch einkriegen. „Der Kochkurs war einfach super, wir hatten viel Spaß und konnten die Lebensmittel von enerBiO sehr gut kennenlernen. Die Qualität der Produkte hat mich voll überzeugt und die Auswahl ist enorm.“ Und „die Location war auch total schön“.
Auch Rebecca (Blog „Baby Rock my Day“) ist ganz hin und weg: „Die hauseigene Marke ist nicht nur Bio, sondern hat auch viele vegane, gluten- und laktosefreie Produkte im Angebot. Und nicht nur das, die Produktpalette umfässt“ [Autsch!] „ca. 330 verschiedene Produkte.“ Alles total supi hier.
Die Fakten:
Die Social-Media-Abteilung eines großen Drogerie-Unternehmens aus der Nähe von Hannover lud ein Dutzend Food-Bloggerinnen für ein Wochenende zu einem Event ein. Inklusive Übernachtung in einem hochpreisigen Landhotel in Garbsen, Kochkurs in einem Restaurant am Maschsee, Fotoshooting-Tipps vom Profi und allerlei mehr. Alles nicht ganz billig. Bezahlt vom Drogisten.
Zum Abschied gab es noch das Geschenk-Körbchen mit Produkten zum Mitnehmen. Bezahlt vom Drogisten.
Die vielen schicken Fotos vom Event, die auf den Blogs munter weiterverbreitet wurden, stammen nicht etwa von den Bloggerinnen selbst, sondern von einem gebuchten Profi-Fotografen. Bezahlt vom Drogisten.
Frage: Warum hat der Drogist das denn wohl alles bezahlt?
Vielleicht deshalb, weil die Bloggerinnen danach ganz brav die präsentierten Produkte in ihren Blogs abfeierten (und sie z. T. sogar noch direkt zum Online-Shop verlinkten)?
Durch solche Blog-Berichte wird die Relevanz von Produkten bestimmter Unternehmen künstlich verstärkt. Im echten Leben spielt das Bio-Angebot einer Drogerie-Kette nämlich zunächst keine besonders große Rolle für das Einkaufsverhalten. Weil die Leute ihre Bio-Lebensmittel in Bio-Läden oder -Fachmärkten kaufen, vielleicht auch im Supermarkt, aber bestimmt nicht im Drogerie-Markt. Dort kauft man Klopapier und Zahnpasta. Da das aber den Drogerie-Discountern nicht genügt, wittern sie ihr Geschäft auf fremden Feldern. Zum Beispiel bei Bio-Produkten. Und mit entsprechenden, sehr professionell organisierten Veranstaltungen für Food-Bloggerinnen (komisch: kein männlicher Blogger dabei) wird so eine scheinbare Relevanz erzeugt.
Diese Blogs tragen dann dazu bei, die Einkaufsgewohnheiten von Menschen umzuleiten. Es profitieren die Ketten und die Discounter. Wollen wir das?
Das Vermögen dieses Drogisten wird auf etwa zwei bis drei Milliarden Euro geschätzt. Damit kein Missverständnis entsteht: Es geht mir nicht um Milliardär-Bashing. Das wäre billig. Ich gönne dem Drogisten jeden Euro. Es ist legal und legitim, dass das Unternehmen versucht, mit den Möglichkeiten von Social Media seinen Umsatz zu erhöhen.
Nur: Man muss ja nicht dabei mitmachen.
Man hätte die Einladung des Drogisten auch einfach ablehnen können. Um die eigene Integrität zu wahren.
Vielleicht haben es einige ja auch getan. Und haben nicht darüber gebloggt, sondern sich einfach nur mit dem Finger an die Stirn getippt.
Das bleibt dann allerdings im Netz unsichtbar.


Dienstag, 24. Januar 2017

Die Vegetarier-Blase

Dass man heutzutage noch Fleisch isst (und sei es auch nur Bio-Fleisch), dafür muss man sich eigentlich andauernd erklären, wenn nicht sogar entschuldigen. Vegetarische Ernährung scheint in aufgeklärten Kreisen fast ein Muss, vegane Ernährung mindestens ein nachhaltiger Trend. Die Fleischesser sind die aussterbende Rasse.
In Umfragen geben regelmäßig rund 10 bis 15 % der Befragten an, sich vegetarisch zu ernähren. Gefühlt sind es noch viel mehr.
Umfragen allerdings basieren nur auf den Antworten der Befragten, also ihrer eigenen Selbsteinschätzung. Eine Überprüfung findet nicht statt.
Das staatliche Max-Rubner-Institut in Karlsruhe untersucht seit Jahren die Ernährungsgewohnheiten der Deutschen. Nicht mit Umfragen, sondern aufwändig mit detaillierten Ess-Protokollen. In der Nationalen Verzehrstudie wird mit sogenannten 24h-Recalls detailliert erfasst, was die rund 1.800 Studienteilnehmer in den letzten 24 Stunden gegessen und getrunken haben.
Demnach hatte sich im Jahr 2014 (Neuere Untersuchungen des MRI sind mir nicht bekannt) die Zahl der Vegetarier im Vergleich zur Nationalen Verzehrsstudie II (2005-2007) „auf fast zwei Prozent“ nahezu verdoppelt.
Das ist eine durchaus gute Nachricht, wenn man bedenkt, dass wir alle nachweislich zu viel Fleisch essen, und damit u. a. das Klima schädigen und den Wasserverbrauch in Erzeugerländern massiv strapazieren.
Aber: Zwei Prozent? Nicht zehn bis fünfzehn? Das ist offenbar die Realität, wenn man mal genauer nachprüft. Danach dürfte die Zahl der tatsächlichen Veganer wohl an der Nachweisgrenze liegen.
Wie schick ist es aber, einen Lebensstil zu propagieren, den nur zwei Prozent der Bevölkerung konsequent verfolgt? 15 Prozent klingt da schon viel besser. Das klingt nach den schlaueren 15 Prozent. Und es werden ja auch immer mehr. Also eigentlich die Mehrheit von morgen.
Zwei Prozent dagegen klingt nach kleiner, radikaler, verpeilter Minderheit. Zwei Prozent sind ungefähr so sexy wie die Wahlergebnisse der F.D.P. in Brandenburg.
So entsteht aus Wunschdenken (Umfrage-) Wirklichkeit. Die nicht wirklich ehrliche Selbstbeschreibung bestätigt nur die Relevanz des eigenen Wunsches. Selbstreferenzierung. So entstehen Blasen.
Es wäre vermutlich viel hilfreicher, wenn sehr viele (!) Menschen einfach nur etwas weniger Fleisch essen würden. Und darauf gucken, wo es herkommt. Zum Beispiel aus artgerechter Tierhaltung von Bioland-Betrieben. Und ein paar Euro mehr dafür bezahlen. Dafür gibt es aber keine griffige Bezeichnung außer „Flexitarier“. Auch nicht besonders sexy. Da hat der durchtrainierte Vegan-Hipster auf der Party natürlich sofort gewonnen.
Völlig ungeklärt ist im Übrigen noch die Frage, ob nicht vielleicht die Gummibärchen den Vegetariern die Statistik versaut haben. Denn Gummibärchen enthalten Gelantine, ein tierisches Produkt.
Wenn viele das nicht wussten, dann gibt es doch zehn Prozent Vegetarier. Abzüglich der Gummibärchen.




Es bleibt schwierig.

Montag, 16. Januar 2017

Igitt, Spinat

Kinder lieben Süßes. Aber bei Gemüse verweigern sie sich gerne. Sehr zum Verdruss wohlmeinender Mütter und Väter, die völlig zu Recht finden, dass die Portion Brokkoli oder Kohlrabi allemal besser ist als der Fruchtzwerg und die Nutella-Schnitte. Warum ist das so?
Die Erklärung ist ebenso einfach wie unbequem: Das Gesunde hat gegenüber dem Süßen von Natur aus die Arschkarte gezogen.
Unsere Geschmacksrezeptoren reagieren auf „süß“ sehr simpel, auf „bitter“ aber äußerst kompliziert. Forscher wissen, dass der Mensch nur über eine einzige Art von Süßrezeptoren verfügt. Bei den Bitterrezeptoren gibt es aber im Schnitt 25 Typen.
Das macht Sinn, wenn man bedenkt, dass der Mensch in den Zeiten, als er als Jäger und Sammler unterwegs war, sich beschützen musste vor allerlei giftigen Pflanzen und anderem Ungemach. Die zumeist eher bitter als süß schmeckten.
Deshalb sind wir gegenüber den bitteren Geschmäckern viel mehr auf der Hut als gegenüber den süßen.
Das führt dazu, dass auch heute noch viele Menschen bittere Gemüsesorten wie Kresse, Kohl, Kohlrabi, Brokkoli oder Meerrettich nur ungerne essen. Und das steckt auch unseren Kindern in den Genen. Und macht Angst vor Ungewohntem.
„Diese Angst müssen Kinder aktiv verlernen“, sagt Mathilde Kersting, Leiterin des Forschungsinstituts für Kinderernährung in Dortmund. Und wie geht das? Indem sie Lebensmittel immer wieder probieren.
Acht- bis zehnmal sollten Eltern ihren Kindern ein bisher abgelehntes Nahrungsmittel vorsetzen, bis sie es genauso gerne essen, wie eines, das sie auf Anhieb mögen. So eine europäische Studie.
Geduldig sein. Ohne Druck.
Gilt auch für Spinat.



Sonntag, 15. Januar 2017

Vegan die Welt retten?


Das Thema Fleisch führt noch immer zu hochemotionellen Debatten, die mir wie Stellvertreterdebatten für alle möglichen anderen ethischen Fragen erscheinen. Auch hier führt unser Drang, Essensgewohnheiten als Visitenkarte, als Vehikel der Selbstdarstellung zu benutzen, dazu, dass wir uns so verbeißen.“
Hanni Rützler | Ernährungswissenschaftlerin | futurefoodstudio | H.A.Z., 14.1.17


Sonntag, 8. Januar 2017

Essen ist fertig


Wenn man (oder Frau, besonders als Mutter) berufstätig ist, ist es bestimmt kein leichtes Unterfangen, regelmäßig frisch zu kochen. Für einen selbst oder die Kinder oder die ganze Familie. Die Zeit ist knapp, der Kopf überfüllt, Verpflichtungen in alle Richtungen. Und dann ist es doch wieder die Fertigpackung aus dem Tiefkühlregal, die herhalten muss.
Aber frisch zu kochen ist schon deshalb eine gute Idee, weil man dann weiß, was man da auf dem Teller hat. Jede Speise besteht aus Zutaten. Und es ist ein Unterschied, ob ich die Bestandteile genau kenne, weil ich sie selber eingekauft und zubereitet habe, oder in der winzig klein gedruckten Zutatenliste eines Fertigproduktes mühsam herausfinden muss, was der Hersteller in dieses Essen reingetan hat (schlimmstenfalls Dinge wie Geschmacksverstärker, Aromen, Konservierungsstoffe und andere Dinge, die wir doch eigentlich gar nicht essen wollen).
Ist es wirklich so umständlich und zeitraubend, frisch zu kochen? Gehen wir doch mal in die Küche und finden es heraus.
Topf mit Salzwasser aufsetzen, Vollkornnudeln kochen, abgießen. In der Zwischenzeit eine Zucchini würfeln, eine Handvoll Cocktailtomaten halbieren, mit Olivenöl in die Pfanne schmeißen und kurz schmurgeln lassen. Eine Dose Tomatenstücke draufgießen, Prise Salz dazu, köcheln lassen. Mit den Nudeln vermengen, auf Teller packen, etwas Pfeffer aus der Mühle, Parmesan vom Stück drüberraspeln – fertig. Wer Lust hat, wirft zwischendrin noch einen Thymian- oder Basilikumzweig mit in die Pfanne und gibt noch einen Esslöffel Tomatenmark dazu.
Ergebnis: Ehrliches Essen in weniger als einer halben Stunde. So lange dauert es auch in etwa, den Ofen vorzuheizen und eine Tiefkühlpizza zu backen.
In dieser halben Stunde kann man dann allerdings vielleicht nicht die Selbstoptimierungsapp auf dem Handy abrufen, Facebook und Twitter checken, die neuesten Daten der Smartwatch auslesen oder andere Zeitverschwendung betreiben.
Stattdessen kommt das dabei raus: Pasta mit Zucchini-Tomaten-Sugo und Parmesan-Spänen. Hey, das haben wir gerade gekocht. Schmeckt doch besser als Fertigpizza, oder?