Eine Veganerin in Limburg hat
sich bei der Stadt darüber beschwert, dass im täglichen Glockenspiel einer
Kirche auch die Melodie von „Fuchs, du hast die Gans gestohlen“ erklingt.
Insbesondere an der Liedzeile „Sonst kommt dich der Jäger holen, mit dem
Schießgewehr“ hat sie sich gestört. Oder, besser gesagt, an der Stelle im Lied,
wo in der gesungenen Version der Jäger vorkommt. Denn das Glockenspiel ist
natürlich rein instrumental. Also doch irgendwie vegetarisch.
Wie dem auch sei: Bürgermeister
Marius Hahn hat den Fehler gemacht, diese Wortmeldung sehr, sehr ernst zu
nehmen und tatsächlich das Lied aus dem Repertoire zu nehmen, zumindest
vorübergehend. Und irgendwer hat’s im Netz ausgeplaudert. Folge: Die Medien von
Süddeutsche.de über Spiegel bis zur Huffington Post hatten eine leckere
Schlagzeile und berichteten genüsslich. Und viele andere mehr, die
abgeschrieben haben. Und die sozialen Medien blubberten über.
Wieder mal ein Fall von künstlich
erzeugter Relevanz in der öffentlichen Wahrnehmung. Normalerweise hätte dieses
„Ereignis“ niemals die Stadtgrenzen von Limburg verlassen, ja nicht einmal die
Mauern des Rathauses dieser Stadt. Es wäre bestenfalls beerdigt worden in einer
Montag-Morgen-Arbeitsbesprechung eines Bürgermeisters mit seinem
Pressereferenten. Oder etwas in der Art. Ganz bestimmt aber hätte sich das im
echten Leben niemals bundesweit verbreitet und hätte – ob seines armseligen
Nachrichtenwertes – die Aufmerksamkeit von sehr vielen unschuldigen Menschen
auf sich gezogen. Aber das Bizarre findet ganz schnell seinen Weg.
Generationen von Journalistenschülern
wurde die Weisheit eingetrichtert, dass die Meldung „Hund beißt Mann“ keine
Nachricht ist, die Meldung „Mann beißt Hund“ aber sehr wohl. Das könnte ein
Grund sein.
Ich weiß nicht, wer mir jetzt mehr
leid tut: Die arme Veganerin oder der Bürgermeister, die sich beide jetzt dem
geballten Spott der Online-Öffentlichkeit ausgesetzt sehen. Oder wir, die wir
unablässig mit belanglosem Info-Schrott belästigt werden. Was uns Lebenszeit
kostet und uns Aufmerksamkeit raubt für Dinge und Menschen, die es verdient
hätten.
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