"Wir waren total
unzufrieden". Der Salat war labberig, das Brot alt, die Preise sowieso zu
hoch, und eigentlich war alles Mist.
So. Da steht nun also eine
solche – Monate alte - doofe Kundenbewertung als erste ganz oben auf einem
Facebook-Profil eines Lokals, obwohl es ansonsten jede Menge freundlichere,
aktuellere Bewertungen gibt. Und bleibt
da oben. Liest jeder zuerst. Dumme Sache. Kriegt man auch nicht weg.
Ist nicht mein Lokal, dieses
Beispiel. Ich möchte nicht tauschen mit den Betreibern.
Das kommt davon, wenn man seine
öffentliche Wahrnehmung von Facebook abhängig macht. Es ist ziemlich
unklug, sich als Gastronom der Macht von Facebook & Co. auszuliefern.
Warum? Darum:
1.
Alle lechzen nach den Chancen,
die Facebook vermeintlich bietet (ganz viele Likes!! Suupii!!), aber keiner
kennt die Algorithmen, nach denen Facebook gewichtet und sortiert. Und dann
schlagen blöde Bewertungen ein, die man nicht mehr weg bekommt.
2.
Online-Bewertungen sind
fragwürdig. Gäste kommen mit unterschiedlichen Erwartungen. Manchmal passen die
Erwartungen einfach nicht zum Konzept des Lokals. Falsches Speisenangebot,
falsches Preisniveau; da wird bio mit vegetarisch oder allergiefrei
verwechselt; und warum gibt es keine Soja-Milch zum Kaffee? Na ja, das haben
wir ja auch nicht angeboten. Früher wären diese Gäste einfach nicht wieder
gekommen. Heute hinterlassen sie dann vielleicht eine böse Online-Kritik. Dabei
haben sie sich einfach nur verlaufen. Klassisches
Missverständnis. Die schlechte Bewertung aber bleibt. Und schadet.
3.
Fast alle Online-Bewertungen
sind unprofessionell. Wenn professionelle Tester, z. B. Restaurant-Kritiker von
Zeitungen testen, dann haben sie zumeist nachvollziehbare Kriterien, nach denen
sie testen. Indem sie etwa ein Lokal an seinen eigenen Ansprüchen messen.
Heißt: Wer viel verspricht, muss das auch halten können. Und das lässt sich
dann auch überprüfen und entsprechend bewerten. Das ist bei den vielen
selbsternannten Online-Kritikern nicht der Fall. Denn dort wird oft nur das
Erlebte mit dem persönlichen Geschmack und Empfinden verglichen und daraus ein
Urteil gefällt. Das ist keine ernst zu nehmende Kritik, die es verdient hat,
massenhaft verbreitet zu werden, sondern einfach nur eine einzige persönliche
Meinung, die auch gerne zuhause bleiben dürfte.
4.
Viele positive Bewertungen sind
Gefälligkeitsbewertungen. Gerade dann, wenn unmittelbar nach einer sehr
kritischen Bewertung plötzlich - welch Wunder - ein paar ganz entzückende
Bewertungen eintrudeln - ja, was ist denn da passiert? Mal schnell ein paar
Leute kontaktet, könnt ihr nicht mal, und so. Und flugs ist die Quote wieder
bei 98,8 Prozent.
5.
Genauso gefälscht sind oftmals
negative Bewertungen. Weil sie beispielsweise von Wettbewerbern stammen. Es ist
ja ein Leichtes, an jeder Speise irgendwie herumzumäkeln. Und natürlich erkennt
man bei manchen Bestellungen sofort, dass das nicht ein normaler Gast ist,
sondern offenbar die Konkurrenz ein Testessen abholt. Das ist im Prinzip kein
Problem. Nur falls dann noch eine miese Bewertung abgegeben wird, ist das Maß
des gesitteten Wettbewerbs eindeutig überschritten.
6.
Was soll man davon halten, wenn
Betreiber von Läden selbst tolle Bewertungen für ihre eigenen Dependancen
abgeben? Und das dann auch noch unter dem eigenen Namen. Das gibt es
tatsächlich, und das ist ja schon wieder erfrischend ehrlich bekloppt.
7.
Die Überzeugungsarbeit für
meine Gäste findet in der Küche statt und nicht bei Facebook.
8.
Ich bin mit meinem Lokal nicht
bei Facebook, nicht bei Twitter, nicht bei Instagram. Ganz bewusst. Leben ohne
Hashtag. Und ich fahre gut damit. Ich hege und pflege eine eigene Homepage, auf
der meine Gäste alle relevanten Informationen bekommen. Und anders als bei
Facebook & Co. behalte ich die Kontrolle darüber, was auf meiner Seite
steht. Ich mag das.
9.
Hashtags wie zum Beispiel „#unfassbarlecker“
sind nur peinliches Eigenlob, das gewaltig müffelt. Vielleicht überlassen es
wir doch lieber unseren Gästen, unsere Leistung zu beurteilen. Der „Applaus des
abgeleckten Tellers“ (Christian Rach) ist immer noch mehr wert als jede
Online-Bewertung.
10.
Fazit: Kundenbewertungen im
Netz - gerade bei Facebook - haben nur eine sehr begrenzte
Aussagekraft. Vielleicht sollte man einfach auf persönliche Empfehlungen
aus dem Freundeskreis vertrauen, wo man vielleicht mal ganz gut essen gehen
könnte.
Ich weiß, das ist ein
unglaublich altmodischer Vorschlag.
Aber einen Versuch ist es
wert.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen