Mittwoch, 2. Mai 2018

Tschüß, Hollandaise


Es ist Spargelsaison. Und zu einem zünftigen Spargelessen gehört – neben Schnitzel, Schinken oder Lachs – eben auch die Sauce Hollandaise. Restaurants, die etwas auf sich halten, bewerben jetzt auch wieder ihre Spargel-Menüs mit hausgemachter Holländischer Soße. Das Dumme ist nur: Die Menschen mögen sie nicht, die echte Soße.

Die Holländische Soße, wie sie im Koch-Lehrbuch steht, ist in der Herstellung kompliziert und extrem undankbar. Kurz gesagt werden Weißwein und Essig mit Pfefferkörnern und Schalotten einreduziert, anschließend Eigelbe im Wasserbad cremig aufgerührt und dann mit geklärter Butter aufgemixt. Ich spare mir jetzt mal das konkrete Rezept, denn ich kann niemandem empfehlen, es nachzukochen. 

Ein Saucen-Kochbuch rät im Schlusssatz des Rezeptes: "Sofort servieren." Genau. Denn das Problem ist gar nicht so sehr, diese Sauce hinzubekommen. Das Problem ist, diese Sauce warmzuhalten oder wieder zu erwärmen. Denn sobald die Temperatur auch nur ein bisschen zu hoch ist, gerinnt die Sauce - Feierabend. Vielleicht kann man die Soße noch retten, indem man schnell den Pürierstab reinhält oder eine neue Ei-Masse aufschlägt. Aber meistens geht einem diese blöde Soße einfach nur kaputt! Es gibt kaum eine andere Speise, die Köche dermaßen zur Verzweiflung treibt. Nachdem ich drei Versuche gemacht habe und drei Mal scheiterte, dachte ich, ich bin einfach zu blöd und zu unbegabt. Getröstet hat mich dann aber die Auskunft einer Köchin, die in einer hochdekorierten Küche in Berlin gearbeitet hat, dass sie es dort auch nicht besser hinbekommen haben. So schafft sich eine klassische Soße selber ab, weil sie in der Praxis nicht wirklich zu handhaben ist.

Holländische Sauce: Gewinner und Verlierer.


Das erklärt den Siegeszug der industriell hergestellten Hollandaise aus dem Tetrapak. Die ist mit Bindemitteln versetzt und enthält nur 5% Ei. Aber sie gerinnt nicht beim Erhitzen. Und die enthaltenen Aromen sorgen für den „typischen“ Hollandaise-Geschmack, den jeder kennt, und den auch Kinder schätzten, weil er der Pommes-Mayo recht nahe kommt. Und wenn Gäste in Restaurants dann mal eine mutig hausgemachte Holländische Soße zum Spargel bekommen, dann schmeckt sie ihnen nicht. Das kann man dieser Tage sogar in Restaurant-Kritiken von Zeitungen nachlesen.

Ich kenne keine andere Speise, wo im Geschmacksempfinden der Leute das Original so flächendeckend und nachhaltig durch die Fälschung ersetzt wurde. Das ist so extrem nicht einmal bei Tiefkühl-Pizza der Fall.

Ich bin wirklich ein Verfechter der hausgemachten Küche, aber in Sachen Hollandaise streiche ich die Segel: Ihr habt gewonnen, Unilever, Maggi und Thomy.

Ich würde zum Spargel einfach zerlassene Butter anbieten. Tschüß Hollandaise.


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