Dienstag, 19. Juni 2018

Mutlos


Gestern war der „Tag der nachhaltigen Gastronomie“, ausgerufen von den Vereinten Nationen [1]. Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) hat aus diesem Anlass dazu aufgerufen, beim Essengehen die Reste einpacken zu lassen, damit keine Lebensmittel weggeworfen werden müssen. Denn: „Jedes Lebensmittel, das wir wegwerfen, ist eins zu viel.“ [2] Das ist fraglos richtig. Und ja, richtig ist sicherlich auch, dass die Gastronomie ein Bewusstsein entwickeln muss, etwas gegen die Verschwendung von Lebensmitteln zu unternehmen.



Nur leider ist das überhaupt nicht das Problem.

Denn: Sich die Reste eines leckeren Essens einpacken zu lassen, das ist in sehr vielen Lokalen längst üblich – und übrigens ja auch immer ein Kompliment an die Küche. Denn wer nimmt schon den Rest der Burger-Pommes-Pampe bei der Fastfoodkette mit nach Hause. Das entsorgt man im Rausgehen im Mülleimer. Das sagt ja alles über die Wertschätzung für das Essen.

Wer es mit Nachhaltigkeit in der Gastronomie ernst meint, müsste gegen diese Missstände vorgehen:
  • XXL-Schnitzel
  • All-you-can-eat-Buffets
  • Speisenkarten mit 125 Positionen drauf
  • 24/7-open-Restaurants
  • To-go-Verpackungen aus Alu und Styropor

Und er müsste gegen das vorgehen, was derlei fragwürdige Angebote überhaupt erst möglich macht: Massentierhaltung und industrielle Landwirtschaft. Denn das macht es wiederum Gastronomen möglich, ein Angebot vorzuhalten, von dem sie vorher schon wissen, dass sie einen großen Teil davon wegschmeißen müssen, und sie machen trotzdem noch ihren Schnitt. Kostet ja nix. Aber der Gast hat eine schön große Auswahl auf der Karte. Das ist falsch.

Hier versucht eine Landwirtschaftsministerin, mit Nachhaltigkeitsrhetorik ein grünliches Wählerspektrum zu umgarnen, ohne auch nur irgendetwas wirklich zu ändern. Wie schon beim „Tierwohl-Label“. Das passt perfekt zur Politik der Kanzlerin.

Wer wirklich etwas ändern will, muss sich leider mit denen anlegen, die davon profitieren, dass die Dinge so sind, wie sie sind.

Alles andere ist einfach nur mutlos.

[1] http://www.un.org/en/events/sustainablegastronomy/
[2] https://twitter.com/bmel/status/1008587728731213824



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