Mittwoch, 4. Januar 2017

Aus für das Veggie-Schnitzel?

Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU) will verbieten, dass vegetarische oder vegane Lebensmittel mit Namen für Fleischprodukte bezeichnet werden. Dem „Veggie-Schnitzel“ droht das Aus. Auch der veganen Currywurst und den fleischlosen Hackbällchen ginge es an den Kragen. Das könnte man nun spontan für eine völlig überflüssige Idee halten. Schließlich darf man annehmen, dass der aufgeklärte Kunde natürlich weiß, dass in einem vegetarischen Schnitzel kein Fleisch enthalten ist. Wenn die Bezeichnung also eine Irreführung ist, dann eine, die keine praktischen Auswirkungen hat. Ist doch jedem klar, was man da kauft. Und mancher sieht hinter des Ministers Vorstoß auch gleich einen Schachzug der mächtigen Fleisch-Lobby, die die unbequeme Veggie-Konkurrenz vom Markt fegen will. Oder ein durchsichtiges Vorwahlkampf-Manöver eines bayerischen Politikers, der bei der Hacksen- und Weischwurscht-Klientel in seinem Bundesland punkten will.
Könnte sein. Vielleicht ist es aber auch etwas komplizierter.
Sehen wir es doch einmal so:
Das Schnitzel, die Wurst, der Rinderbraten, die Roulade, das Geschnetzelte, das Roastbeef, das Hackfleisch – alle diese tierischen Lebensmittel stellt uns der Schlachter zur Verfügung. Schlachter, das ist – aus gutem Grund - ein anerkannter Ausbildungsberuf. Und die handwerkliche Qualifikation sorgt im besten Fall dafür, dass dieses Fleisch – nach ebenfalls möglichst fachkundiger Zubereitung  als wohlschmeckendes Essen auf den Tisch kommt, im Restaurant oder zu Hause.
Das Zusammenspiel von hochwertigen Ausgangsprodukten (z.B. das gut gereifte Gulasch vom Schlachter meines Vertrauens) mit einer bewährten Zubereitungsart (Scharfes Anbraten, das Röstnoten erzeugt, langes Schmoren mit Röstgemüse und Gewürzen usw.) ergibt eine ganz bestimmte Speise. Ein Gulasch. Ein Filet. Eine Roulade. Geschnetzeltes. Ein Schnitzel. In diesem ganzen Vorgang steckt im besten Fall viel Handwerk und viel Liebe zum Produkt.
Und das Veggie-Schnitzel? Ist ein industriell hergestelltes, stark verarbeitetes Ersatzprodukt, das sich optisch und im Mund angeblich irgendwie wie ein Schnitzel anfühlt. Mit hochdosierten Gewürzmischungen auf Fleisch-Feeling getrimmt. Und mit jeder Menge Zusatzstoffen, Bindemitteln und anderem Dreck wie Mineralölrückständen.
Bei aktuellen Tests von Stiftung Warentest und Öko Test rasselte das Fake-Fleisch richtig durch. Das hat mit dem Produkt, das auf der Verpackung steht, gar nichts mehr zu tun. Nur ein fleischloser Bluff.
Noch ein Beispiel: Die Currybockwurst eines Bioland-Schlachters aus der Lüneburger Heide enthält exakt vier Zutaten: Schweinefleisch, Speck, Gewürze und Trinkwasser (das bei der Wurstherstellung als Eis zugeben wird, um Gerinnung zu vermeiden). Eine ehrliche Wurst. Und die Bioland-Richtlinien stehen für artgerechte Tierhaltung. Das ist so schlecht nicht.
Ein beliebig herausgepicktes veganes Ersatzprodukt „Veggie Bockwurst“ enthält (Salz nicht mitgezählt) elf Zutaten, nämlich Seitan, Kokosfett, Hefeextrakt, Aroma, Zwiebeln, Verdickungsmittel Johannisbrotkernmehl, Xanthan, Gewürze, (Salz), Weizenstärke, Farbstoff Eisenoxide, Buchenholzrauch.
Aroma. Farbstoff. Verdickungsmittel. Warum?
Wollen wir das wirklich essen?
Gut zu wissen, was drin ist. Und nicht nur, was drauf steht.

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